Die Babyschühchen an der Wand

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Im wilden Seminarreigen werde ich nie vergessen, wofür wir eigentlich da sind: Für unsere Feng Shui Klienten! Und da nun bald der nächste Basiskurs beginnt, bei dem unsere Studenten lernen eben diese Klienten zu beraten, gleich mal eine passende Geschichte aus der Berater-Praxis.

Die alte Frau am Telefon weinte. Zehn Minuten vorher hatte ich den Hörer abgenommen und ihre Stimme zum ersten Mal gehört. „Herr Fröhling, ich hätte so gerne eine Analyse von Ihnen“. Aber wissen Sie ich bin Rentnerin und ich kann mir leider Ihren Tagessatz überhaupt nicht leisten. Aber die Telefonfernberatung, die wäre schon drin. Machen Sie die denn überhaupt noch?" Ich antwortete heiter: „Für Sie schon. Sie wollen Sie also, dass ich mir Ihren Grundriss anschaue. Sie haben ja gesagt, Sie kennen sich mit dem Computer aus. Der Nordpfeil ist ja drauf. Mailen Sie ihn mir einfach zu. Ich lege das Bagua auf und schon in zehn Minuten dürfen Sie wieder anrufen.“ So geschah es. Ich legte flott das Bagua auf, schaute mir alle Bereiche an. Dann schellte auch schon das Telefon und ich ging mit ihr Schritt für Schritt ihre Wohnung durch.

Wir fanden so einiges, was wir in ihrem Sinne harmonisieren konnten, sprachen über Ecken und Schrägen, über die Position des Bettes und des Schreibtisches.

Sie war mir unendlich dankbar und äußerte das auch als wir nach zweieinhalb Stunden durch waren. Aber ich spürte deutlich, dass sie noch etwas auf dem Herzen hatte. Und das sagte ich ihr auch. Und eben da fing die Frau am Telefon an zu weinen. Ich hätte ihr gern ein frisches Tempo durch den Hörer gereicht – aber die Leitung war zu lang. Also machte ich nur ein tröstendes „Shshshhh“ und die Tränen verebbten.

Wer den eigenen Sohn nicht liebt

„Es ist wirklich schlimm Herr Fröhling“ sagte sie dann, „aber ich kann meinen Sohn nicht ausstehen. Vor fünf Jahren habe ich den Doofkopf aus dem Haus geworfen. Und noch immer leg´ich den Hörer auf wenn er anruft, schicke seine Briefe ungeöffnet zurück und lösche seine emails. Ich kann nicht vergeben und vergessen...“

„Aber“, fragte ich, „Sie würden gerne vergeben und vergessen?“ - „ja schon“, antwortete sie zögernd. „Dann lassen Sie uns jetzt einmal von früher sprechen“ sagte ich. „Es war doch nicht immer so, dass Sie ihn nicht ausstehen konnten. Holen Sie doch einmal die Zeit in ihr Gedächtnis, als er noch ein Kind war.“ - „Der war schon damals frech wie Dreck, nur Widerworte. Und beklaut hat er mich auch.“ - „Und als er ein Baby war?" – „Oh, da war er so süß, mein kleiner Wonneproppen.“ Und schon war ich auf der richtigen Spur. Und ich fragte: „Wenn Sie so eine begeisterte Babymutter waren, dann haben Sie ganz gewiss in irgendeiner Schublade ihres Kleiderschrankes seine ersten Babyschühchen aufbewahrt.“ - „Ja, das hab´ich.“ - „Jetzt machen Sie eines: Sie holen die Babyschühchen, gehen damit in den Westen Ihrer Wohnung, ja, genau da, wo wir vorhin Ihr Sofa plaziert haben und hängen dort die Babyschühchen an die Wand. Und wann immer Sie nun an Ihren Sohn denken, werden Sie nicht mehr den erwachsenen Mann vor sich sehen, den Sie nicht leiden können, nicht den Rotzlöffel, der er als Kind war; sondern er wird wieder Ihr kleines Baby sein!“ Denn der Westen - Sie wissens's ja - steht mit den "Kindern und Kreativität" in Resonanz.

kleinkind

Drei Monate später haben sich Mutter und Sohn versöhnt. Und dann hat der Sohn geheiratet und die Mutter – aber das ist natürlich wieder eine andere Geschichte...

Thomas Fröhling
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